Lautsprecher Xavian Ambra Esclusiva

Es gibt viele Gründe, sich nach einem Lautsprecher fürs Leben umzusehen. Vielleicht schauen Sie dafür einmal Richtung Prag, wo sehr leckere Lautsprecher entstehen.

Liebenswert

Als ich in der HiFi-Test über die Xavian Perla Esclusiva, die in der Hierarchie unterhalb der Ambra Esclusiva angesiedelt ist, geschrieben habe, waren meine einleitenden Worte eindeutig. Ich wiederhole sie gerne:“Falls Sie es langweilig finden sollten, einen Test über eine kleine Zwei-Wege-Box zu lesen, möchte ich Ihnen genau diesen hier ganz besonders ans Herz legen. Denn die Xavian Perla Esclusiva muss man beinahe mögen.“ Für diesen Bericht möchte ich mein Intro an einer Stelle ändern und das „beinahe“ streichen, denn die größere Ambra Esclusiva muss man mögen. Warum, will ich Ihnen gerne verdeutlichen.   

Paneuropäische Wurzeln

Firmenchef Roberto Barletta zog 1994 mit nur 23 Jahren aus Italien nach Prag, wo er ein paar Jahre später Xavian gründete. Wie ist er denn auf diesen schrägen Namen gekommen? Nun, Xavian ist baskischen und arabischen Ursprungs, abgeleitet vom spanischen Ortsnamen Etxabier für „neues Haus“. Die arabische Bedeutung ist „intelligent“.

Ok, das passt. Barletta schrieb mir:“Xavian ist in gewisser Weise ein Familienunternehmen, denn die meisten meiner Kollegen arbeiten schon seit langem für mich, manche länger als 20 Jahre. Ich betrachte sie als eine Art Künstler, wie es die alten Griechen taten. Sie lieben ihre Arbeit, sie sind das Herzstück des Unternehmens. Wir haben gemeinsam die tschechische Finanzkrise von 1998, die Weltbankkrise von 2008 und einige Umzüge der Fabrik überstanden. Ja, ich bin ein glücklicher Mensch, weil ich das tue, was mir gefällt, ich spiele immer noch wie ein Kind.“ Bessere Voraussetzungen für tolle Produkte kann es wohl kaum geben.   

Entwicklungsgeschichte

Die Idee zur Ambra entstand 2016 in der Nachfolge der kleineren Perla. Ursprünglich setzte Roberto dafür einen AudioBarletta Polypropylen-Tiefmitteltöner und eine 1-Zoll-AudioBarletta-Softdome-Kalotte ein. Dazu müssen Sie wissen, dass Barletta alle Treiber selbst entwickelt und seit mehr als fünf Jahren auch herstellt. Unter dem Namen “AudioBarletta“ fertigt er Schwingspulen, Sicken, Aufhängung, Magnete oder Kupferteile auch für andere Firmen als OEM-Ware an. Membranen kauft er nach wie vor bei Kurt Müller in Krefeld ein, solange bis er das vielleicht auch mal so gut hinbekommt.   

Die neue Ambra Esclusiva hat im Vergleich zur ersten Serie neue Chassis bekommen.

Die Polypropylenmembran des Tiefmitteltöners hat Barletta durch eine gewölbte Papiermembran mit Phaseplug ersetzt. Papier gab ihm hier einfach den erweiterten, linearen Frequenzgang, den er wollte, was zu einem höheren Detailreichtum führte. Dafür gab er den selbstdämpfenden Aspekt des Polypropylen auf, der laut Barletta einen perfekten Roll-Off bietet. Er verwendet eine Kupferhülse zur Abdeckung des Polkerns, um die von der Schwingspule selbstinduzierten Ströme kurzzuschließen, die Impedanz zu linearisieren und die Verzerrungen zu minimieren. Der Schwingspulenträger ist aus einem nicht leitenden Material, da er einen hohen Qms-Wert erzielen wollte. Die bisherige 1-Zoll-Kalotte wurde durch ein Modell mit 1,1 Zoll Durchmesser ersetzt, deren Membran Kurt Müller speziell dafür anfertigt. Die größere Kalotte bietet mehr Ausdehnung im Mitteltonbereich, kann tiefer angekoppelt werden und generiert dank ihrer größeren Abstrahlfläche auch geringere Verzerrungen.   

Gehäusebau

Das Gehäuse der Ambra Esclusiva besteht aus 19 mm dicken Eichenholzplatten, die in der Tschechischen Republik hergestellt und mit speziellen Einsätzen sorgfältig zusammengefügt und verleimt werden. Barletta schrieb mir: „Wie Sie wahrscheinlich wissen, steht Venezia auf Eichenpylonen.  Eiche ist in der Tat ein unglaublich robustes und beständiges Holz, zuverlässiger als Walnuss, das wir in der Vergangenheit verwendet haben.“ Ich wusste das nicht, aber sicher ist, dass handwerklich so schön gefertigte Lautsprecher wie die Perla Esclusiva sonst aus Norditalien kommen.

Optisch fällt das Vollholzgehäuse auch wegen seiner gerundeten Kanten auf, die vor allem der Reflektionsbrechung dienen. Zwischen Hochtöner und Tieftmitteltöner setzt Barletta verleimte Verstärkungen ein, um die Festigkeit des Holzes an der Stelle weiter zu erhöhen. Er fand heraus, dass es sonst zu Verfärbungen kommen kann, die der Transparenz schaden. Rück- und Seitenwände sind mit selbstklebenden Bitumenplatten von 4mm Dicke bedämpft. Sie werden zusätzlich von einer 10mm dicken Textilschicht bedeckt, die den größten Teil der Schalldämpfung in den tiefen mittleren Frequenzen gewährleistet. Zusätzlich verwendet er noch Polyurethanschaum und Polyethylen-Textilvlies. Diese verschiedenen Dämpfungsarten sollen interne Vibrationen besonders effektiv absorbieren, was ich bei der exemplarischen Klangreinheit der Ambra Esclusiva gerne glauben mag.   

Verarbeitungsklasse

Ich hatte ja erwähnt, das Xavian nahezu autark ist. Dazu gehört eine eigene Holzfabrik, eine eigene Lackiererei, ein großes Teilelager, auch ihre Frequenzweichen bis hin zu Lautsprecheranschlüssen und den Verpackungen stellen sie selbst her. Man wird natürlich an feinste italienische Handwerkskunst erinnert, wenn man sich so einen Lautsprecher in Ruhe anschaut. Da schlagen Barlettas Gene voll durch und heraus kommt einer der am besten verarbeiteten Lautsprecher auf dem Markt. In der Frequenzweiche der Ambra Esclusiva verwendet Barletta Jantzen- und Mundorf- Komponenten mit geringen Toleranzen und wie er sagt gleichbleibender Qualität. Er arbeitet seit langem mit beiden Firmen zusammen und sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern. Im Mittelhochton kommen feine Luftspulen zum Einsatz, getrennt wird mit 12db.   

Klang

Die Ambra Esclusiva ist ein klein wenig hell abgestimmt, was man bei der Systemwahl berücksichtigen sollte. Ich wollte gleich einmal heraus finden, ob die edle Paneuropäerin auch dreckig kann und deshalb darf John Campbell ran. Falls sie ihn nicht kennen lohnt sich seine Entdeckung. Salopp gesagt, ist Campbell ein Sänger und Gitarrist für Stevie Ray Vaughan Fans. Auf „Wild Streak“ drücken die Schlagzeugakzente erstaunlich massiv in den Raum, bleiben aber hervorragend definiert. Die Ambra Esclusiva erweist sich dabei als erstaunlich pegelfest. Campbells Stimme steht satt, präsent und sexy in einem weit ausgedehnten Raum. Und seine so ungewöhnlich klingenden Gitarre erkenne ich sofort wieder und bekomme selbst Lust, zu spielen. Das gefällt mir schon mal ausgesprochen gut. Mark Hollis´ einzige Soloplatte ist ein einzigartiger Klassiker. Bei „Inside Looking Out“ klingt das Piano wolkenweich zart, der weich gezupfte Bass wird präzise abgebildet und wenn dann Gitarre und Hollis´ ätherische und doch so präsente Stimme einsetzen absorbiert mich diese Traumfilmmusik vollkommen. Die Ambra Esclusiva klingt nie anstrengend, immer involvierend und kann sowohl Arbeitsgerät wie auch Genusslautsprecher sein und das können nicht viele. Mit so einem Lautsprecher höre ich auch gerne klassische Musik. Die Klaviersonaten von Domenico Scarlatti, gespielt von Christoph Ullrich sind eine meiner liebsten Entdeckungen der letzten Jahre. Nicht nur ist das eine traumhaft gute Tacet-Aufnahme, die Musik hat eine fast außerweltliche Transparenz, die durch die Xavian perfekt vermittelt wird. Am Ende bleibe ich einfach ein wenig still sitzen und genieße, was ich gerade gehört habe.

Fazit

In der nicht gerade kleinen Riege der richtig guten 2-Wege-Monitore nimmt die Xavian Ambra einen der vordersten Plätze ein.