Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker

Einzeltest: Egg-Shell Prestige 15WS MK2


Aus dem Ei gepellt

Röhrenverstärker Egg-Shell Prestige 15WS MK2 im Test, Bild 1
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Schräg, bunt, mal ganz anders: Encore 7 aus Polen scheren sich einen Dreck um gängige Standards beim Bau von Verstärkern. Den hier, den muss man mit ganz anderen Maßstäben messen

Richtig, so was hatten wir schon mal. Vor ziemlich genau einem Jahr. Die Idee dahinter war dieselbe, aber die eine oder andere Nummer größer. Unser aktueller „Eierschalen“-Verstärker ist der größte der Prestige-Baureihe und nicht dafür gedacht, echte Leistungsvernichter von Lautsprechern zu treiben. Ein bisschen Wirkungsgrad wäre toll, ein gutmütiger Impedanzverlauf auch. Die angegebenen 15 Watt pro Kanal schafft er nicht ganz, es sind eher derer zwei. Sie meinem, das hat doch gar keinen Sinn? Aber sicher hat es das. Und irgendwie passt‘s ins Bild dieses sehr andersartigen Verstärkers. Der Hersteller – Namen und Personenkonstellationen sind der Webseite nicht zu entnehmen – firmiert unter „Encore 7“, „Egg-Shell“ ist die Marke, unter der die Verstärker verkauft werden.

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Die Geschichte des Unternehmens reicht schon 20 Jahre zurück und begann als als Hobby mit dem Selbstbau von Gitarrenverstärkern. Der Sound dieser Amps war es, was auch im Wohnzimmer hörbar gemacht werden sollte. Mittlerweile fertigt man drei verschiedene Baureihen, von denen die „Prestige“- Linie die auffälligste ist. Einen zweikanaligen „echten“ Gitarrenverstärker baut man übrigens immer noch. Das besondere Verständnis fürs Thema Musikreproduktion des Herstellers ist eine Sache, sein Sinn für Gestaltung ist eine andere. Alle Prestige-Verstärker werden nämlich mittels eines „Woodwind“ getauften Gehäusesystems realisiert. Das ist eine Kombination aus Holzseitenteilen, Edelstahl- Bodenblechen, Glasfront und Blechdeckeln. Alle Elemente können vielfältig lackiert, der Deckel sogar mit individuell gestalteten Belüftungsöffnungen versehen werden. Der Hersteller versteht seine Geräte durchaus als Lifestyle-Produkte mit künstlerischem Anspruch, und der erstreckt sich eindeutig nicht nur aufs Klangliche. Das ist für den bierernsten HiFi-Fan ein wenig gewöhnungsbedürftig, unterscheidet sich aber wohltuend von dem, was uns im Interesse der klanglichen Wahrheit sonst fast immer serviert wird. Der Deckel des Gerätes wird mit vier kräftigen Magneten an Ort und Stelle gehalten, darunter sieht‘s aber zweifellos spannender aus: Im blanken Edelstahl-Interieur spiegeln sich die Röhren, die vier EL34-Endpentoden sind außerdem ganz im Motorblock-Look schräg eingebaut. Sehr hübsch. Im Prestige 15WS MK2 arbeiten jeweils zwei EL34 parallel im Single-Ended-Betrieb. Ihre Ansteuerung übernehmen pro Kanal eine Pentode vom Typ EF86 und eine Doppeltriode ECC83/12AX7. Alle Röhren stammen aus russischer Fertigung von Electro Harmonix. Der Hersteller verspricht außerdem eine Röhrengleichrichtung mit zwei 5AR4 – Entschuldigung, die habe ich beim besten Willen nirgends im Gerät finden können. Wohl aber den Grund für das knackige Gesamtgewicht der Maschine in Gestalt dreier Induktivitäten: Unter Edelstahl verborgen verdingen sich ein fetter Netztrafo und zwei Ausgangsübertrager aus polnischer Fertigung. Das Gerät verfügt über drei Eingänge, die mit dem mittig auf der Front angeordneten Drehschalter angewählt werden. Eingeschaltet wird mit zwei Wippschaltern seitlich unter dem Gerät, der Star der Angelegenheit ist aber eindeutig die Lautstärkeregelung. Der große Ring, von dem nur ein kleines Segment unter dem Gerät hervorragt, ist für die Bedienung am Gerät zuständig. Schon nicht schlecht, aber noch nichts gegen die kugelförmige Fernbedienung. Darin befindet sich ein elektronischer Beschleunigungssensor, der Drehungen der Kugel registrieren, in Steuerbefehle fürs Lautstärkepoti umwandlen und zum Gerät schicken kann. Sprich: Ein Dreh an der Kugel hat einen Dreh des Lautstärkerrings am Gerät zur Folge. Klasse gemacht und erstaunlich funktional. Das Ganze verbraucht Strom. Deshalb kann man den Geber an der Kugelunterseite ausschalten und den eingebauten Akku per USB-Kabel laden. Im Geräteinneren geht’s etwas rustikal zu. Der Verstärker ist frei verdrahtet und man merkt an vielen Stellen, dass die Wurzeln des Ganzen im Bau von Gitarrenverstärkern stecken – ein bisschen davon steckt auch schaltungstechnisch in der dreistufigen Eingangsstufe mit hoch verstärkender Pentode. Die beiden EL34 sollten im Parallelbetrieb eigentlich durchaus zu den angegebenen knapp zehn Watt Ausgangsleistung fähig sein; das Unterfangen scheitert, das lässt sich nicht beschönigen, an der überschaubaren Qualität der Ausgangsübertrager. Die verzerren bereits sehr früh, außerdem ist Linearität ihre Sache auch nicht: Ein 3 bis 4 Dezibel hoher Überschwinger bei 15 Kilohertz ist nicht die feine englische Art. Im Bass gibt’s dafür erfreulich wenig Porbleme. Also alles Murks, zurück zum Vertrieb mit dem Ding? Moment. Man kann ja vielleicht mal reinhören. Einfach mal so. Mit den Lautsprechern, die gerade da sind. Das waren in diesem Falle unser Zweiwege-Monitor „Nada“, mit einem Wirkungsgrad um 87 Dezibel nun nicht gerade der Traumpartner für einen Zweiwatter. Das neue Norah-Jones-Album „Day Breaks“ lag gerade in Griffweite und wollte sowieso mal probegehört werden – was soll schlimmstenfalls passieren? Tja. Dumm gucken ist das Gebot der Stunde. Von irgendwelchern Angestrengtheiten ist hier nämlich rein gar nichts zu hören. Das tönt flüssig, geschmeidig fein und hat nicht im Mindesten die Probleme, die ich erwartet hätte. Im Bass geht’s ziemlich konturiert, weder schlank noch zu voll, aber schön direkt und überzeugend. Frau Jones hat das Singen zweifellos noch nicht verlernt, sie klingt gereift, nicht mehr so glatt wie früher. Das Klavier im Hintergrund perlt schön zart und bestens differenzierbar – verdammt, wo ist denn hier das Problem? Ich find‘s nicht. Okay, wenn man‘s mit dem Pegel übertreibt, dann verliert die Sache ein wenig Spannung und Offenheit. Es bleibt sauber und angenehm. Zwei Watt? Echt? An dieser Box? Hätte ich im Leben nicht für möglich gehalten. Wenn man unbedingt will, dann kann man die Übertragerresonanz am oberen Ende des Spektrums ausmachen. Die sündteure Berylliumkalotte der Nada kann so etwas darstellen. Ich lege aber nicht meine Hand dafür ins Feuer, dass ich das Phänomen auch dann hören würde, wenn ich von seiner Existenz vorher nicht gewusst hätte. Versuchen wir mal einen anderen Lautsprecher, einen vielleicht etwas gnädigeren. Röhre und Breitbänder geht immer, ich greife zum „Omnes Audio Monitor 5“ aus dem letzten Heft, bei dem ein Fünfzöller das gesamte Spektrum abdeckt. Okay, der hat noch das eine oder andere Dezibelchen weniger Wirkungsgrad. Wenn Sie‘s nicht weitersagen, dann tu ich‘s auch nicht: Das geht nämlich auch. Und zwar beeindruckend gut. Die Wiedergabe gewinnt im Mitteltonbereich etwas, es tönt etwas kerniger und direkter. Wo die Nada noch mögliche Probleme im Hochtonbereich offenbarte, herrscht hier Frieden. Ich hätt‘s nicht gedacht, aber das ist eine ausgezeichnete Paarung. Das passt auch maximalpegelmäßig, denn zum Ausreißen von Bäumen sind weder Verstärker noch Lautsprecher konzipiert. Nun vergessen Sie doch mal das mit den Weisheiten des HiFi-Metiers. Der Egg-Shell ist sicher nicht unangreifbar; Musik machen kann er aber.

Fazit

Erstaunlich – mit zwei Watt an „normalen“ Lautsprechern macht dieser außergewöhnliche Verstärker ganz wunderbar Musik – wer hätte das gedacht?

Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker

Produkt: Egg-Shell Prestige 15WS MK2

Preis: um 3900 Euro

5/2017
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb LEN-Hifi, Duisburg 
Telefon 02065 544139 
Internet www.lenhifi.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
B x H x T (in mm) 400/190/390 
Gewicht (in Kg) 19 
Untern Strich ... Erstaunlich – mit zwei Watt an „normalen“ Lautsprechern macht dieser außergewöhnliche Verstärker ganz wunderbar Musik – wer hätte das gedacht? 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 13.05.2017, 09:57 Uhr
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